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Bio-Stoffe: Mehr Schein als Sein?

Wir werden immer grüner, so scheint es. Das schlägt sich auch bei unserer Kleidung nieder. Überall schwenken kleine, aber auch große Unternehmen auf den Einsatz von Bio-Stoffen um. Aber was taugen diese eigentlich wirklich? Und wie kannst du echte Öko-Textilien von Marketing-Maßnahmen unterscheiden? Wir erklären dir die wichtigsten Fakten zu diesem Thema. Lies hier weiter!

Warum zu Bio-Stoffen greifen?

Vielleicht hast du den Eindruck, dass sich hinter den immer häufiger aufkommenden Bio-Stoffen nur eine Werbemasche verbirgt. Doch tatsächlich gibt es wirklich gute Aspekte, die mit den ökologischeren Textilien einhergehen. Die großen Drei sind wohl Umwelt, Sozialverantwortung und Gesundheit.

Ein kleiner Stapel an gefalteten und naturbelassenen Stoffen
Foto: © Mel Poole, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Unsplash.com

Die Ausgangslage bei vielen konventionell hergestellten Textilien sieht so aus, dass bedenkliche und sogar nachweisbar schädliche Chemikalien (in Form von z.B. Pestiziden, Herbiziden, Kunstdünger) verwendet werden. Diese sollen eine möglichst ertragreiche und schnelle Produktion ermöglichen. Das belastet zum einen die Umwelt, zum anderen aber auch unsere Haut, denn schließlich liegen die Gewebe später auf dieser auf. Auch die Arbeiter können dadurch gesundheitliche Schäden davontragen. Zudem werden sie häufig ausgebeutet und arbeiten unter unerträglichen Bedingungen.

Bei zertifizierten Bio-Stoffen hingegen werden strenge Maßstäbe an die Rohstoffgewinnung, deren Verarbeitung inklusive der Arbeitsbedingungen und auch den Vertrieb und Verkauf gelegt. Ziel ist, dass die Textilbranche Verantwortung für Gesundheit, Umwelt und Soziales übernimmt. Somit sind solch ökologische Gewebe auf vielen Ebenen ein lohnender Ansatz.

Ein kleiner Haufen gefalteter Stoffe in einem Korb
Foto: © Mel Poole , Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Unsplash.com

Welche Stoffe können Bio sein?

Je nachdem, welchem Zertifikat der Stoff entspricht, setzt sich ein Bio-Stoff unterschiedlich zusammen. Gesetzt ist aber, dass der überwiegende Teil der Textilie aus Naturmaterialien bestehen muss. Dazu gehören z.B. Baumwolle, Leinen, Hanf, aber auch Wolle und Seide. Diese Fasern dürfen im Übrigen auch recycelt sein.

Synthetische Bestandteile sind wenn, dann nur in streng geregelter Form erlaubt und dürfen nicht den Normen widersprechen. Die positiven Eigenschaften, die sonst durch ihren Einsatz verliehen werden, können zum Teil durch spezielle Produktionsverfahren repliziert werden. So lässt sich Dehnbarkeit nicht nur durch Elastan erzeugen, sondern entsteht auch bei gestrickter Maschenware.

Viele aufgestellte Stoffrollen in unterschiedlichen Farben und Größen
Foto: © Jisun Han, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Unsplash.com

Es gibt übrigens nicht nur Bio-Stoffe, sondern auch ökologische Kurzwaren. Insbesondere Garne sind ein wichtiger Bestandteil, denn ohne sie lassen sich auch keine Bio-Kleidungsstücke herstellen. Aber auch Produkte wie z.B. Gummibänder können Bio sein. Sie bestehen dann beispielsweise aus Bio-Baumwolle und Naturkautschuk.

Wusstest du, dass wir in unserem Shop u.a. Eigenproduktionen an Stoffen anbieten und diese in Bio-Qualität gefertigt sind? Schau es dir selbst an!

Im Vordergrund verschwommen, im Hintergrund klar erkennbare Rollen von aufgewickelten Stofffäden
Foto: © 🇸🇮 Janko Ferlič , Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Unsplash.com

So erkennst du Bio-Stoffe sicher

Öko-Textilien sind für dich spannend? Aber du bist dir unsicher, ob auch Bio drin ist, wo Bio draufsteht? Dann kannst du dich an verschiedenen Zertifikaten und Siegeln orientieren. Hier werden allgemeingültige Normen erarbeitet und die Produkte danach geprüft und ausgezeichnet. Viele Organisationen arbeiten sogar international zusammen und sichern so auch wirklich nachhaltig die Qualität entlang der gesamten Produktionskette. Die wichtigsten Labels wollen wir dir hier einmal kurz vorstellen.

Kennzeichnung kbA (kontrolliert biologischer Anbau)

Ein Holzeimer steht auf einem Feld, dahinter dicht stehende Baumwollpflanzen
Foto: © imaginationphotog, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Pixabay.com

Mit diesem Zertifikat beginnt alles, denn es beschäftigt sich mit den Rohmaterialien und deren Anbau. Unter kbA wird “kontrolliert biologischer Anbau” verstanden. Dieser basiert auf sehr strengen, internationalen Richtlinien. Demnach dürfen keinerlei chemischer und synthetischer Düngemittel oder Pestizide zum Einsatz kommen. Der Ackerboden muss ebenfalls seit mindestens 3 Jahren chemiefrei sein. Und auch gentechnisch verändertes Saatgut darf nicht angebaut werden.

Daraus resultiert, dass die biologische Landwirtschaft deutlich mehr Handarbeit und weniger Ertrag umfasst. Denn sowohl das Unkrautjäten, als auch die Ernte wird mechanisch, zum Teil von Hand, durchgeführt. Der gesteigerte Aufwand kann aber dafür auch mit höheren Preisen wieder ausgeglichen werden. Geprüft und verliehen wird der kbA durch unabhängige Institutionen weltweit.

Ein Schaf steht auf einer Wiese und blickt in die Kamera, im Hintergrund sind weitere Schafe verschwommen zu erkennen
Foto: © Sam Carter, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Unsplash.com

Falls dir mal die Bezeichnung kbT begegnet, ist das übrigens kein Versehen. So wird die kontrolliert biologische Tierhaltung bezeichnet, relevant für z.B. Wolle. Dieses Zertifikat bekommen Hersteller verliehen, die beispielsweise keine chemischen Anwendungen an den Tieren durchführen, um Insektenbefall vorzubeugen. Auch eine artgerechte Haltung (z.B. mit ausreichend Weidegang usw.) spielt eine wichtige Rolle.

ÖKO-TEX Siegel

Ob einzelne Bio-Stoffe oder ganze Kleidungsstücke mit diesem Siegel ausgezeichnet sind – es spricht immer dafür, dass hier keine Schadstoffe enthalten sind. Dafür wurden verschiedene Prüfmethoden und Grenzwerte für sowohl die Textil- als auch Lederindustrie entwickelt und noch immer verfeinert. Hinter ÖKO-TEX stehen insgesamt 18 unabhängige Institute aus Europa und Japan, welche somit nahezu weltweit agieren.

Ein Haufen zusammengefalteter Kleidungsstücke vor einem weißen Hintergrund
Foto: © Tanya Trukyr , Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Unsplash.com

Insgesamt bietet ÖKO-TEX verschiedene Labels. Das wohl umfassendste ist das ÖKO-TEX Made in Green, welches übergreifend die Vorteile verschiedener einzelner in sich vereint. Dazu gehören u.a. diese drei:

  • ÖKO-TEX Standard 100
    • kennzeichnet schadstoffgeprüfte Textilien
    • alle Bestandteile des Produktes (auch Fäden, Knöpfe usw.) werden geprüft und als gesundheitlich unbedenklich eingestuft
  • ÖKO-TEX Leather Standard
    • kennzeichnet schadstoffgeprüfte Lederartikel (alle Verarbeitungsstufen vom Leder-Halbfabrikat bis zum Fertigartikel)
    • werden auf gesundheitsbedenkliche Chemikalien geprüft
  • ÖKO-TEX STeP
    • kennzeichnet zertifiziert Betriebsstätten für Textilien und Lederartikel
    • Nachweis für nachhaltige Produktionsbedingungen
Ein Haufen zusammengefalteter Kleidungsstücke vor einem weißen Hintergrund
Foto: © Volha Flaxeco
, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Unsplash.com

Global Organic Textile Standard (GOTS)

Bei diesem Zertifikat müssen die Bio-Stoffe sowohl umwelt- als auch sozialverantwortlichen Faktoren gerecht werden. Es wird weltweit angewendet und hat vier Mitgliedsorganisationen aus Deutschland, England, Japan und den USA. Ihr Ziel ist es, genaue Anforderungen zu definieren, die eine wirklich nachhaltige Textilproduktion sicherstellen. Das umfasst nicht nur die umweltbewusste und schadstofffreie Herstellung an sich, sondern genauso den Anbau, basiert also auch auf der kbA bzw. kbT-Kennzeichnung.

Ebenfalls eine Rolle spielen soziale Aspekte und Arbeitsbedingungen. Die Hersteller müssen festgelegte Kriterien erfüllen, welche auf den Kernnormen der Internationalen Arbeitsorganisation beruhen. Dazu gehören beispielsweise Fragen des Arbeitsschutzes, der fairen Entlohnung, aber auch grundsätzliche Bedingungen, etwa dem Verbot von Kinderarbeit.

Ein Siegel aus einem weißen Hemd auf grünem Grund, darum der Text: GOTS, Global Organic Textile Standard
Foto: © Marsupilami, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: commons.wikimedia.org

Damit ein Bio-Stoff diese Zertifizierung erhalten kann, muss mindestens 70 % der Textilien aus kbA-Naturfasern bestehen. Es können aber nicht nur Stoffe und Kleidungsstücke zertifiziert werden. GOTS ist auch für Garne, Heimtextilien und andere Produkte erhältlich. Einzig für Leder und Fell liegen bisher keine Kriterien vor.

Naturtextil IVN Zertifiziert BEST

Mit dieser Kennzeichnung haben wir den Standard mit den höchsten Ansprüchen überhaupt erreicht. Kein anderes Label erhebt so strikte Regeln und betrachtet die gesamte textile Produktionskette so intensiv und kritisch. Seinen Ursprung hat das Label BEST im Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft e.V. (IVN). Wer diese Auszeichnung haben möchte, muss ohne Ausnahme und absolut in jeder Hinsicht (ökologisch und sozial) verantwortungsvoll handeln.

Eine Person hält frisch geerntete Baumwolle über einem Eimer in den Händen
Foto: © Teona Swift, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Pexels.com

So muss die Fläche der Textilie (ohne Knöpfe, Reißverschlüsse etc.) aus 100 % Naturfasern (kbA oder kbT) bestehen. Synthetische Gewebe sind nur bei ausgewählten Bestandteilen der Kleidung zulässig. Bei der Produktion gilt weiterhin ein grundsätzliches Verbot nachweislich schädlicher Substanzen. Dazu gehören u.a. jene, die krebserzeugend, Erbgut schädigend, Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigend, schädigend für das Kind im Mutterleib etc. sind.

Und schließlich achtet das BEST-Zertifikat auf die Einhaltung festgelegter Sozialstandards. Diese umfassen u.a. keine Kinderarbeit, Zwangsarbeit oder Sklaverei, sichere und hygienische Arbeitsbedingungen sowie existenzsichernde Löhne.

Frau steht in einem Geschäft und hebt zwei aufgebügelte Kleidungsstücke hoch, um sich zu entscheiden
Foto: © Liza Summer, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Pexels.com

Bio-Stoffe – lohnen sie sich also?

Fassen wir noch einmal zusammen: Bio-Stoffe sind also nicht nur ein Marketing-Trend. Hinter diesen Textilien steht eine ehrliche und harte Arbeit, welche dringend benötigt wird. Denn während wir als Endverbraucher uns über eine gute Verträglichkeit freuen, geht es am anderen Ende der Produktionskette um so viel mehr. Und auch der Umweltaspekt sollte nicht außer Acht gelassen werden. Die Diskussion beispielsweise über die nötige Wasserversorgung bei der Baumwoll-Produktion ist nicht zu unterschätzen. Wir schreiben dazu bereits in unserem Beitrag zur Bio-Baumwolle.

Falls du nun aber Sorge hast, dass du dich bei Bio-Stoffen auf eine gewisse Qualitätseinbuße einstellen musst, wollen wir dich beruhigen. Denn die Textilien entsprechen ihren konventionellen Geschwistern absolut, manche sagen sogar, sie sind noch angenehmer. Und auch die Pflege ist recht unkompliziert. Waschen ist bei quasi allen Stoffen bei 30 °C in der Maschine möglich, viele vertragen auch höhere Temperaturen. Auch Bügeln und der Trockner sind in vielen Fällen kein Problem. Hier raten wir aber unbedingt, die Produktinformationen vorher einmal zu studieren. Dann läuft auch nichts ungewollt ein.

Weiterführende Links
www.oeko-tex.com/de/
www.global-standard.org/
www.naturtextil.de/…/qualitaetszeichenbest/
www.de.wikipedia.org/…/Global_Organic_Textile_Standard
www.lexikon.wohnen.de/kba/
www.qul-ev.de/…/kba-kbt-siegel/index_ger.html

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