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Kunstleder nähen: die Alternative zum edlen Klassiker

Ob für das nächste Paar Handschuhe, eine schicke Tasche oder aufwendige Kostüme beim Cosplay bzw. Larping – die klassische Lederoptik passt zu diversen Anlässen. Allerdings entscheiden sich heute immer mehr Menschen gegen das Naturprodukt und greifen stattdessen zum Imitat. Erfahre hier weshalb, welche Vor- sowie Nachteile daraus entstehen und wie du selbst mit Kunstleder nähen kannst!

Kunstleder nähen: Woraus besteht das Material?

Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass das Imitat schon seit geraumer Zeit im Umlauf ist. Sein Vorläufer stammt aus dem Jahr 1830 und wurde aus Leinwänden gefertigt, die mit elastischen Öl-Mischungen eingestrichen waren. Diese erhielten anschließend durch erhitzte Walzen bzw. Stempel die typische Oberflächenstruktur. Damit bezog man beispielsweise Koffer, Instrumentengriffe oder Kameras. So erhielten sie die gewünschte Optik, blieben jedoch preisgünstig.

Ein dünnes Stück braunes Kunstleder liegt eingeklappt auf hellem Grund
Foto: © Evgenia Zakharova, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Unsplash.com

Es handelt sich bei dem Imitat also, ganz einfach gesagt, um ein Material, dass wie Leder aussieht, jedoch nicht als solches deklariert werden darf. Um 1900 lösten andere Komponenten das veraltete Verfahren langsam ab. Inzwischen findest du Ausführungen, die sowohl aus Kunststoff als auch aus biobasierten Rohstoffanteilen bestehen, mit bzw. ohne Verstärkung, mit durchgängigen oder geschichteten Fasern. Um Kunstleder nähen zu können, kannst du also aus folgenden Varianten wählen:

  • poromerisch: Diese Varianten bestehen meist aus Polyester mit Polyethylenbeschichtung.
  • PVC: Hier dichtet man verschiedene textile Gründe aus natürlichen oder künstlichen Fasern mit Polyvinylchlorid ab.
  • Pflanzenbasis: Aufgrund der erhöhten Nachfrage produzieren verschiedene Hersteller heute auch Leder aus Kork, Seetang oder Piñatex (Ananasblätter).
Eine Frau in schwarzer Kunstlederjacke sitzt auf einem Hocker
Foto: © Leeloo Thefirst, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Pexels.com

Echtleder vs. Imitat – so unterscheidest du

Es gibt diverse Gründe, weshalb viele Leute lieber mit Kunstleder nähen. Auf diese gehen wir im Anschluss ein und verraten dir ebenso dessen Vor- sowie Nachteile. Zuvor zeigen wir dir jedoch, wie du das Imitat vom Echten unterscheidest. Das ist nicht immer einfach und selbst Experten haben ihre Schwierigkeiten damit. Allerdings gibt es einige hilfreiche Anhaltspunkte, die du zumindest vor der Entscheidung für oder wider ein Produkt prüfen kannst. Achte auf folgende Aspekte:

  1. Die Rückseite ist beim Imitat in der Regel nicht fasrig, sondern textil und mit glattem Kunststoff beschichtet.
  2. Das Narbenbild des Naturproduktes erscheint wesentlich unregelmäßiger, da es nicht maschinell geprägt wird.
  3. Die Schnittkante fusselt bei Echtleder wesentlich stärker.
  4. Die Haptik und Dehnbarkeit: Die künstliche Variante ist normalerweise dünner und dehnt sich bei Wärme schneller aus.
Mehrere Streifen rauen Leders in unterschiedlichen Farben
Foto: © Pixabay, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Pexels.com

Hast du dich für ein Produkt entschieden, wirst du im Laufe der Zeit ebenso folgende Eigenschaften unterscheiden:

  1. Die Atmungsaktivität ist bei Kunstledern deutlich niedriger, weshalb man beim längeren Sitzen oder Tragen schneller schwitzt.
  2. In Kontakt mit Feuer riecht das Imitat nach verbranntem Plastik, während das Original den Geruch von angesengten Haaren hat.
  3. Die Geräusche während des Tragens unterscheiden sich. Das typische Knarzen hört man bei Imitaten üblicherweise nicht, jedoch kann es bei hochwertigen Versionen ebenso auftreten.
  4. Die Robustheit: Aufgrund des Gebrauchs sowie des Alters entstehen über die Zeit Schäden an der Oberfläche. Erkennst du offene Brüche, unter denen Gewebe zum Vorschein kommt, handelt es sich nicht um Echtleder. Dieses nutzt sich nur langsam von oben nach unten ab und sieht aus, als würde es seine Pigmentierung verlieren.
Nahaufnahme einer Lederapplikation an einer hellen Jeans
Foto: © Karolina Grabowska, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Pexels.com

Kleidung oder Taschen aus Kunstleder nähen: Vor- und Nachteile

Fragst du dich, weshalb du lieber mit Kunstleder nähen solltest? Dann haben wir dir hier die vielzähligen Vorteile zusammengefasst. Allerdings hat das Imitat auch seine Schwachstellen. Sieh dir unsere Gegenüberstellung an und entscheide selbst, ob es das passende Material für deine Projekte ist.

Vorteile Nachteile
  • preisgünstiger als Echtleder
  • geringerer Verschnitt
  • pflegeleicht und waschbar
  • für Oberflächen
  • mit denen weniger sorgsam umgegangen,
  • die häufig erneuert,
  • mit scharfen Mitteln gereinigt werden
  • resistenter gegenüber Sonne und Wasser
  • kein tierisches Produkt
  • vielseitig einsetzbar
  • optisch diverser herstellbar
  • teilweise kein reines Naturprodukt
  • schlechtere Atmungsaktivität, Wasserdampfdurchlässigkeit
  • oft steifere Haptik
  • je nach Variante zeichnet sich die Herstellung als starke Umweltbelastung aus
  • geringe Haltbarkeit bei besonders günstigen Varianten

Durch seine Vorteile findet das Produkt in verschiedenen Bereichen Anwendung. Beispielsweise auf Arztstühlen, die oftmals mit starken Desinfektionsmitteln gesäubert werden müssen. Aber auch auf Auto-, Motorrad-, bzw. Bootssitzen, die viel Sonne ausgesetzt sind und bei denen Reibung auf der Oberfläche entsteht. Natürlich findest du das Imitat ebenso in der Bekleidungsindustrie. Hier stellt man daraus preisgünstigere Alternativen her, die der klassischen und eleganten Optik gleichen.

Mittelkonsole eines Autos mit weißem Lederbezug
Foto: © Mike B, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Pexels.com

Unsere Tipps und Tricks ums Kunstleder-nähen

Mit Kunstleder zu nähen ist gar nicht so schwer. Allerdings gibt es dabei einige Kleinigkeiten zu beachten. Daher bekommst du jetzt einige praktische Tipps und Tricks an die Hand, mit denen du dir die Arbeit noch mehr erleichterst. Lies hier weiter!

Das passende Material wählen und zuschneiden

Du hast bereits erfahren, dass du das Imitat in verschiedenen Ausführungen erwerben kannst. Je dünner es ist, desto leichter lässt sich Kunstleder nähen. Damit dein Projekt gelingt, benötigst du allerdings die richtige Stärke. Prüfe beim Kauf also den Halt und die Festigkeit. Wir empfehlen:

  • bis zu 380 g/qm für Kleidungsstücke, teilweise auch für Schuhe
  • <0,5 mm aufgrund seiner Dehnbarkeit ebenso für Garderobe
  • etwa 1 mm für Taschen, Portemonnaies und Schuhen
  • über 1 mm gleichfalls für Taschen, aber auch als Bezug für Polstermöbel, Autoinnenflächen, Bezüge auf Booten
Auf Leder liegen Faden, Messer und Lineal
Foto: © Dane Deaner, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Unsplash.com

Reicht die Härte nicht aus, kannst du das Material zusätzlich verstärken. Nutze hierfür Einlagen wie Vlieseline, ähnlich wie bei anderen Stoffen. Auf Bügelvlies solltest du wiederum auf jeden Fall verzichten, da dir dein Imitat sonst wegschmilzt. Alternativ kannst du das Kunstleder mit einer Schicht temporärem Sprühkleber stabilisieren. Trage diesen einfach möglichst gleichmäßig auf der Rückseite auf.

Bist du mit deiner Wahl zufrieden, geht es ans Zuschneiden. Für lange Kanten bieten sich Stoffscheren an, während du mit Rollschneidern gut um Ecken und Rundungen kommst. Arbeite dabei von oben, das heißt mit der Rückseite des Materials auf deiner Arbeitsfläche.

Glänzendes, schwarz-graues Kunstleder
Foto: © Jan Kopřiva, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Pexels.com

Kunstleder nähen: mit der Nadel oder der Maschine

Möchtest du Kunstleder nähen und dabei per Hand arbeiten, bieten sich unterschiedliche Nadeln an, unter anderem Microtex-, Latex- und natürlich Ledernadeln. Je dicker das Material, desto stärker sollte dein Werkzeug sein. Für Varianten mit Holo-Effekt empfehlen wir zum Beispiel Ledernadeln der Stärke 90. Aufgrund seiner Eigenschaften ist das Produkt jedoch anfällig für Stiche. Wenn du unnötige Löcher vermeiden möchtest, solltest du zum Beispiel das Schnittmuster mit Nähklammern befestigen.

Für die Maschine gelten die gleichen Regeln. Arbeitest du mit einem sehr dünnen Imitat, reicht eine Universalnadel jedoch meist aus. Zudem ist es ratsam, die Stichlänge etwas größer einzustellen. Je nach Art können dies 3–4 mm sein.

Nahaufnahme eines Stück Leders mit Nähten in Diamantmuster
Foto: © James Lee, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Unsplash.com

Bei manchen Kunstlederarten stößt du auf das Problem, dass deren Oberflächen zu rutschig sind. Deine Maschine bekommt deshalb zu wenig Halt, stockt oder gleitet unkontrolliert hin und her. Dadurch beschädigst du im schlimmsten Fall den Trägerstoff. Dieser kleinen Hürde kannst du aber auf unterschiedliche Weise begegnen:

  • investieren in einen zusätzlichen Nähfuß aus Teflon oder einen sogenannten Obertransporteur
  • lege Backpapier auf das zu bearbeitende Stück und reiße es im Anschluss wieder ab
  • klebe dünnes, gut lösbares Washi-Tape auf das Leder oder den Nähfuß
  • nutze einen Rollfuß

Um Ecken, Kanten und Rundungen arbeiten

Stößt du beim Kunstleder-nähen auf Kurven und Rundungen, stelle am besten kürzere Stiche ein, beispielsweise in einer Länge von 1,5-2. Anschließend schneidest du die Nahtzugabe mit einer Zickzackschere bis auf 3 mm zurück und nimmst dem Material so zusätzliche Spannung.

Eine Werkbank mit Instrumenten zur Lederbearbeitung und einem Umschlag aus Leder
Foto: © Konstantin Evdokimov, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Unsplash.com

Willst du dein Imitat über Möbel ziehen, kannst du es ganz einfach mit einem Föhn erwärmen. Benutze dabei allerdings die niedrigste Stufe und halte ihn in einiger Entfernung, um keine Brandflecken zu erzeugen. Durch die Hitze dehnt sich das Leder aus und du kannst es einfacher um die Kanten legen.

Mit diesem Garn lässt sich Kunstleder nähen

Neben der richtigen Nadel benötigst du zudem den passenden Faden. Aus Erfahrung hat sich ergeben, dass die Nähte mit Universalgarn aus Polyester gut gelingen. Achte lediglich darauf, dass du das Gleiche sowohl für den Ober- als auch Unterfaden verwendest. Sonst wirkt dein Endergebnis uneinheitlich. Teste zudem die Spannung vorher immer an einem kleinen Probestück. Für uns war die mittlere Stufe meist ausreichend.

Kartenhalter aus verschiedenen Lederarten mit auffälligen hellen Nähten und daneben eine Uhr mit Lederarmband
Foto: © Konstantin Evdokimov, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Unsplash.com

In Bezug auf die Stichart arbeiten wir am liebsten mit einem langen Geradstich, wenn wir Kunstleder nähen. Durch die größeren Abstände entstehen weniger Löcher bzw. Perforationen. Auf diese Weise verringert sich das Risiko, dass das Material an diesen Stellen bricht. Selbstverständlich ist das aber auch wieder abhängig von deiner gewählten Stoffart. Ist dein Imitat recht dehnbar, lohnt es sich beispielsweise ebenso einen elastischen Stich zu verwenden.

Kunstleder richtig pflegen

Damit du noch lange Freude an deinen Kreationen hast, solltest du dein Imitat entsprechend pflegen. Auch wenn es weniger anspruchsvoll als das Original ist, gibt es ein paar Punkte zu beachten:

  • Kläre, um welche Art von Kunstleder es sich genau handelt. Abhängig von seiner Zusammensetzung ist es mehr oder weniger empfindlich gegenüber Wasser. Setz zum Beispiel bei Wildlederoptiken nur sparsam Flüssigkeit ein.
  • Regelmäßige Reinigung: Entferne Flecken immer sofort und wische die Oberfläche danach trocken ab.
  • Tiefenreinigung: Ein- bis zweimal im Jahr solltest du dein Kunstleder intensiv säubern. Nutze dafür spezielle Pflegemittel.
  • Verwende niemals scharfe Reiniger und arbeite idealerweise mit einem trockenen oder leicht angefeuchteten Tuch.
  • Für hartnäckige Verschmutzungen kannst du Bürsten mit weichen Borsten benutzen.
  • Stark beanspruchte Gegenstände wie Schuhe solltest du öfter tiefenreinigen.
  • Meide nach Möglichkeit lang andauernde, direkte Sonneneinstrahlung.
  • Versuche, das Material nicht zu knicken. Hänge Kleidungsstücke also besser auf, anstatt sie zusammenzufalten. Die Ärmel von Jacken kannst du auch mit Zeitungspapier ausstopfen.
  • Lagere deine Werke staubfrei.
Eine Person poliert einen schwarzen Kunstlederschuh mit einem gelben Lappen
Foto: © SHVETS production, Lizenz: Creative Commons CC0 1.0, Quelle: Pexels.com

Mit diesen Tipps sollten dir deine aus Kunstleder genähten Stücke auf lange Sicht gut erhalten bleiben. Leg also gleich los. Worauf hast du Lust? Wie wäre es mit ein paar stylischen Hosen oder einem edlen Stiftetui? Wir sind schon ganz gespannt. Schau für Inspirationen oder Anleitungen auf unserem Blog vorbei!

Weiterführende Links
www.leder-info.de/…/Kunstleder#Was_ist_Kunstleder.3F_-_Geschichte_des_Kunstleders
www.cleanipedia.com/…/so-reinigen-sie-ledersitze-im-auto.html
www.leder-info.de/…/Kunstlederpflege
www.sewsimple.de/…/#muss-man-kunstleder-verstarken

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